Urologen-Mangel verschärft Probleme des epidemiologischen Wandels

von Franz-Günter Runkel

Dr. Michael Stephan-Odenthal

Dr. Michael Stephan-Odenthal

Der epidemiologische Wandel wird der ambulanten und der stationären Urologie viel Arbeit bringen. Der fehlende Nachwuchs wirft immer größere Personalprobleme auf, die wohl nur durch organisatorische Reformen und eine Zusammenlegung des sektoralen Versorgungssystems gelöst werden können. Darüber diskutierten Experten im Rahmen des berufspolitischen Forums des Nordrhein-Westfälischen Urologenkongresses.

 

Das berufspolitische Forum des NRW-Urologenkongresses in Essen nutzte der neue BDU-Landesvorsitzende in Nordrhein, Dr. Michael Stephan-Oden­thal, zu einem Ausblick in die Zukunft der Urologie: „Der epidemiologische Wandel der nächsten Jahrzehnte sorgt dafür, dass wir Urologen nicht unter Arbeitslosigkeit leiden werden. Das Problem ist eher ein anderes: Laut einer aktuellen Statistik vom Dezember 2016 haben wir 5.883 Urologen in Deutschland. Im Vergleich zu 2015 ist diese Zahl um 1,9 % gestiegen. Allerdings entspricht die Altersverteilung bei den Urologen der in der Bevölkerung: Die Altersgruppe der über 50-Jährigen dominiert. Ein Blick in die jüngeren Altersgruppen zeigt leider, dass nicht genügend urologischer Nachwuchs nachkommt. Wir werden also nicht nur mehr Patienten mit urologischen Erkrankungen, sondern auch weniger Urologen haben. Selbst in der urologischen Klinik beträgt das Durchschnittsalter der Kollegen mehr als 41 Jahre.“

Um die Intentionen des Nachwuchses zu erfahren, hat Stephan-Odenthal kürzlich eine Befragung unter urologischer Assistenten gestartet. „Ich habe gefragt, wo die Kollegen sich selbst in fünf Jahren sehen. Die meisten sagen, dass sie in fünf Jahren weiter in der Klinik arbeiten möchten. Der Wunsch nach einer Tätigkeit in der Praxis ist eher die Ausnahme. Es gibt Tendenzen, dass man auch als Angestellter in einer Praxis oder in einem MVZ, vielleicht sogar in einer Mischform, arbeitet. Die Selbstständigkeit strebt kaum einer der jungen Kollegen an. Mit einer weiteren Frage habe ich versucht herauszufinden, wo die jungen Kollegen in zehn Jahren stehen wollen. Da sieht man einen erheblichen Unterschied. Immer noch bildet die Anstellung in der Klinik einen großen Anteil, aber mehr Assistenten wollen in der Praxis, in einem ambulanten Setting oder in einer Mischform aus beidem arbeiten. Einige sagen dann sogar, dass ihnen die Selbstständigkeit in einem ambulanten Setting lieber ist als die Anstellung“, so der BDU-Landeschef.

Vernetzung und Kooperation sind entscheidend

Vernetzung und Kooperation werden in der Zukunft aus Sicht des Leverkusener Urologen entscheidend sein. „Die Angst vor dem MVZ müssen wir verlieren, weil wir sonst den Herausforderungen der Zukunft nicht gerecht werden können. Teilanstellungen in MVZ, Praxis und Klinik müssen möglich sein. Ich halte das für das innovativste Konzept, was auch am ehesten finanzierbar ist“, so der Urologe. In der Zukunft brauche es eine Zwischenform zwischen ambulanter und statio­närer Struktur. Die Kon­struktionen müssten klinische und ambulante Einheiten enthalten und z. B. aus einer Praxis, einer Tagesklinik mit ambulanter Tumortherapie sowie einer stationären Abteilung für Schwerkranke bestehen.

Bessere Rahmenbedingungen in der Ausbildung

Prof. Gerd Lümmen, Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie des St. Josef Hospitals in Troisdorf, plädierte für bessere Rahmenbedin­gun­gen, um den Nachwuchs ins Kran­ken­haus zu holen. „Von 10.000 Stu­dien­anfängern verlieren wir ein Fünftel bis zum Ende des Studiums. Im Krankenhaus kommt am Ende ungefähr die Hälfte der Stu­dienanfänger an.“

Zudem sei man in den Kliniken schlecht organisiert. In einer Umfrage von 2013 habe ein Viertel aller befragten Klinikärzte angegeben, dass sie 50 und mehr Stunden in der Woche arbeiteten, obwohl das Arbeitszeitschutzgesetz dieses eigentlich untersagt. Insgesamt sei die Tätigkeit in einer Klinik aber gut vergütet. „Zwei Drittel der Medizinstudenten sind Frauen, aber in Führungspositionen kommen am Ende nur 14 % an. Die Urologie als kleinstes Fach der Medizin verfügt über den geringsten Anteil an Frauen in Führungsposi­tio­nen. Nur 3 % der Chefärzte in der Urologie sind ­Frauen“, so Lümmen. Da die Urologie weiblicher werde, müssten die Kliniken auch familienfreund­licher werden. Solche Faktoren entschieden immer öfter den Wettbewerb um den Nachwuchs.  (fgr)